Headshaking beim Pferd: Wenn Kopfschütteln krankhaft wird
Dass sich ein Pferd einmal schüttelt, ist ganz normal. Auch der Kopf allein wird gern einmal ruckartig hin- und herbewegt, um zum Beispiel lästiges Ungeziefer zu vertreiben. Was allerdings, wenn dieses Verhalten krankhaft wird? Ab wann das überhaupt der Fall ist, wie Sie ein sogenanntes Headshaking-Pferd erkennen und was Sie gegen die Erkrankung tun können, lesen Sie hier!
Inhaltsverzeichnis
Headshaking-Pferd: Was hat es damit auf sich?
Eigentlich können wir den Begriff Headshaking ganz einfach aus dem Englischen übersetzen. Dahinter verbirgt sich tatsächlich nichts anderes als das Schütteln des Kopfes. Während das in gewissen Maßen ganz normal ist, sollten Sie am besten einmal genauer hinschauen. Denn tritt dieses Verhalten scheinbar ruckartig und unwillkürlich auf, sprechen wir vom eigentlichen Headshaken.
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Im Grunde handelt es sich dabei aber erst einmal um ein Symptom verschiedener Krankheiten. Darum unterscheiden wir auch zwischen drei Formen:
Symptomatisches Headshaking |
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Idiopathisches Headshaking |
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Stereotypes Headshaking |
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Besonders wichtig ist es entsprechend, die Ursache ausfindig zu machen und diese zu behandeln. Jedoch ist das nicht immer einfach, wie schon in der Tabelle beschrieben. Zu oft scheint das Symptom unspezifisch (idiopathisch), weswegen Headshaking heute oft als eigenständige Krankheit gehandelt wird.
Ursachen: Wodurch wird das Kopfschütteln ausgelöst?
Eigentlich haben wir es eben schon gesagt: Das Headshaking beim Pferd kann zahlreiche Ursachen haben. Von der “echten” Krankheit sprechen wir aber, wenn der Trigeminusnerv überempfindlich ist. Dieser verläuft im Kopf und steht im Kontakt mit den verschiedensten Bereichen. Darunter sind unter anderem die Schläfen, Augen, Nüstern und Lippen. Wodurch genau er jedoch gereizt wird oder sich gar entzündet, ist bisher nicht erforscht.
Doch neben diesem “echten” Headshaking können auch andere Ursachen in verschiedenen Bereichen des Kopfes zugrunde liegen. Wir haben Ihnen hier einmal die häufigsten Möglichkeiten zusammengestellt:
- Atemwege, z.B. Schleimhaut-, Nasennebenhöhlenentzündung
- Augen, z.B. Verlust der Sehstärke/Erblinden, Zysten, Entzündung des Tränennasenkanals
- Hals, u.a. Entzündung der Gelenke, Sehnen und/oder Muskulatur, Schädigung des zentralen Nervensystems
- Ohren, z.B. Entzündungen, parasitärer Befall, Stiche, Abszesse
- Maul, u.a. Zahnschmerzen, Verletzungen im Maul- und Rachenbereich
- Schädel und Kopfmuskulartur, z.B. Schwellungen, Verkrampfungen, Frakturen
Neben diesen verschiedenen Bereichen am Kopf sind teils die Ursachen auch in der Haltung zu finden. So kann es beispielsweise sein, dass Ihr Pferd unter Stress leidet. Meist gehen die Symptome dann mit anderen Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression oder auch Appetitlosigkeit einher. Andererseits können auch reiterliche Fehler zugrunde liegen. Allen voran ist hier eine unpassende Trense sowie eine falsche Konditionierung zu nennen. Auch ein zu tiefes Abstellen kann zum Headshaking führen.
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Symptome: Wie Headshaking beim Pferd erkennen?
Im Folgenden wollen wir uns nun auf das “echte” Headshaking beim Pferd fokussieren. Das bedeutet, dass hier der Trigeminusnerv im Fokus steht, welcher entzündet oder überempfindlich ist. Das erste Anzeichen ist, dem Namen entsprechend, das Kopfschütteln. Dieses kann sowohl horizontal, als auch vertikal auftreten. Sogar rotierende Bewegungen sind möglich.
Oft kommt es zudem zu verschiedenen Begleiterscheinungen. Dazu gehören:
- Nase am Boden, Geäst, Wänden und Ähnlichem reiben
- schmerzverzogenes Gesicht
- Schnauben
- Lippen ansaugen
- Huf aufschlagen
- Zucken
Wichtig: Längst nicht alle der genannten Anzeichen müssen bei jedem Pferd auftreten. Vielmehr handelt es sich in der Regel um eine ganz individuelle Symptomatik. So kann es auch sein, dass die Krankheit zu bestimmten Jahreszeiten (i.d.R. im Frühjahr und Sommer) oder bei konkreten Witterungen (v.a. helle, sonnige oder auch windige Tage) vermehrt auftritt. Ebenfalls möglich ist es, dass sich die Probleme bei Anstrengung oder Aufregung verstärken.
Beobachten Sie Ihr Pferd am besten ganz genau. Das vereinfacht später auch die Diagnostik und Sie können Ihrem Veterinär das Problem detaillierter schildern. Zudem können diese zusätzlichen Symptome dabei helfen, das idiopathische Headshaking von anderen Ursachen abzugrenzen und damit eine präzisere Behandlung einzuleiten.
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Diagnostik: Wie geht der Tierarzt vor?
Stellen Sie Headshaking beim Pferd fest, rufen Sie am besten zeitnah Ihren Tierarzt. Denn nur dieser kann endgültig klären, ob es sich um eine Entzündung des Trigeminusnerv handelt oder doch eine andere Ursache zugrunde liegt. In der Regel wird dieser dann im Ausschlussverfahren vorgehen und die verschiedenen Krankheitsbilder gegeneinander abwägen.
Typischerweise wird er mit einer Allgemeinuntersuchung beginnen. Das beinhaltet meist ein Abtasten, ein Abhören von Herz und Lunge, eine Kontrolle des Fells sowie der Haut, eine Fiebermessung und Untersuchung der Augen. Zudem sollte das Pferd einmal vorgeführt werden, um möglich Beschwerden besser zu verorten. In diesem Moment wird Ihr Veterinär Sie wahrscheinlich auch bitten, die Symptome genau zu beschreiben – wann sind diese besonders stark, wann kaum vorhanden? Welche Begleiterscheinungen (s.o.) treten auf?
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Aus den Erkenntnissen leiten sich verschiedene Folgeuntersuchungen ab, die einen bestimmten Verdacht überprüfen. Dazu gehören:
Verdacht | Diagnostik |
Erkrankung der Atemwege oder Ohren |
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Schädigung der Knochen/Zähne |
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Entzündung |
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Augenkrankheit |
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Headshaking |
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Schwere: Wie schlimm ist das Kopfschütteln?
Wurde ein idiopathisches Headshaking beim Pferd festgestellt? Dann tritt schnell die Frage auf, was jetzt zu tun ist. Die anschließende Behandlung hängt maßgeblich davon ab, wie schwer Ihr Tier betroffen ist. Dafür unterscheiden wir fünf Grade:
- Symptome zeigen sich nur gelegentlich, reiten/arbeiten ist kein Problem
- Probleme vermehren sich und treten wiederholt in ähnlichen Situationen auf
- Pferd wirkt unzurechenbar und lässt sich kaum noch kontrollieren
- Tier ist nicht mehr kontrollierbar und damit auch unreitbar
- Verhaltensmuster werden unberechenbar und gefährlich für Menschen und Artgenossen
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Leichtere Verläufe äußern sich meist darin, dass konkrete Situationen das Headshaking-Pferd reizen. So zum Beispiel, wenn das Licht blendet oder es besonders windig ist. Hingegen beruhigt sich die Symptomatik bei Regen wieder. Das ist auch der Grund, warum das Kopfschütteln meist im Herbst und Winter abnimmt, hingegen im Frühling und Sommer schlimmer wird.
Tritt es dauerhaft auf, sprechen wir von einem schweren Verlauf. Dabei kann es passieren, dass das Pferd in kompletter Isolation stehen muss. Findet sich keine Ursache und schlagen alle Behandlungen fehl, ist es möglich, dass das Tier eingeschläfert wird.
Therapie: Wie ein Headshaking-Pferd behandeln?
Eins vorweg: Es gibt nicht den einen, richtigen Therapieansatz. Dadurch, dass das Headshaking beim Pferd eine so individuelle Sache ist, muss auch die Behandlung entsprechend angepasst werden. Bei leichten Verläufen reicht es oft schon, vor den Reizen zu schützen, die das Kopfschütteln auslösen. Bei schweren Graden sind meist deutlich invasivere Maßnahmen notwendig.
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Erste Schritte: Was können Sie tun?
Zunächst beginnen Sie also am besten damit, Ihr Pferd so gut wie möglich zu umsorgen. Reiten oder fahren Sie regelmäßig, dann sollten Sie einmal das Zaumzeug unter die Lupe nehmen. Passt alles noch gut? Vor allem eine schlecht sitzende Trense kann beim Tier die Symptomatik verschlimmern. Wichtig! Warten Sie nach dem Tausch etwas. Denn oft brauchen unsere Vierbeiner eine Zeit, um das erlernte Verhalten wieder zu vergessen.
Zudem gilt es, die Reize zu reduzieren. In den meisten Fällen betrifft das zum einen das Licht, zum anderen aber auch Insekten, die sich im Kopfbereich ansiedeln. Spezielle Augenmasken können bei beidem helfen. Zusätzlich halten Sie das Ungeziefer mit Nasennetzen und Ohrenhauben von den empfindlichen Bereichen fern.
[atkp_list id=’3087′ template=’601′][/atkp_list]Futter: Welches ist für Headshaking-Pferde geeignet?
Neben der Haltung ist auch das Futter entscheidend. Wichtig ist zunächst, dass der Nährstoffbedarf Ihres Pferdes täglich gedeckt wird. Um diesen gegebenenfalls anzupassen, hilft ein Blutbild. Kaufen Sie dann das entsprechende Ergänzungsfutter, um mögliche Defizite aufzuwiegen. Zudem können Sie auch zu entzündungshemmenden Inhaltsstoffen greifen, die womöglich den Trigeminusnerv beruhigen.
Verschiedene Kräuter bringen schmerzlindernde Eigenschaften mit. Auch natürliche Antihistaminika unterstützen dabei, ein Pferd zu beruhigen. Hanföl, Lavendel und Bach-Blüten können beispielsweise sinnvolle Ergänzungen sein. Aber auch Grünlippmuschel, Glucosamin oder Ingwer sind guter Zusätze.
Haben Sie festgestellt, dass das Headshaking beim Pferd durch eine Allergie ausgelöst wird? Dann greifen Sie besser zu Futtermitteln, die arm an Staub sind. Hier können Heucobs eine wichtige Energiezufuhr bilden. Gleichzeitig sollten Sie selbstverständlich jede Nahrung vorab immer auf Schimmel und Verdorbenheit prüfen.
Lesetipps:
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Weitere Maßnahmen: Was kann sonst noch helfen?
Gerade bei schwereren Verläufen werden oft Behandlungsmethoden eingesetzt, welche tierärztlich begleitet werden müssen. Je nach Schwere und individuellem Verhalten sollten Sie diese Therapien unbedingt mit Ihrem Veterinär besprechen und gegeneinander abwägen. Scheitert ein Ansatz, kann ein anderer ausprobiert werden. Die wichtigsten Beispiele stellen wir Ihnen jetzt kurz vor:
Therapie | Vorgehen | Vor-/Nachteile |
Akupunktur |
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+ Linderung von Schmerzen
+ Unterstützung bei Entspannung + Fördern der Durchblutung – Headshaking-Pferde lassen sich meist schwer am Kopf berühren |
Coilembolisation |
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+ einmaliger Eingriff
– starker Eingriff, nur kurz vor dem Einschläfern zu empfehlen |
Elektrische Stimulation |
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+ kostengünstig
+ geringer Eingriff + gute Erfolge – muss alle paar Monate wiederholt werden |
Glycerol-Injektion |
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+ wahrscheinlich Rettung vor dem Einschläfern
– risikoreich (hohe Wahrscheinlichkeit für Ataxie, also Bewegungsstörungen) |
Medikamentöse Behandlung |
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+ kein körperlicher Eingriff
– keine speziellen Medikamente für Headshaking – tw. als Dopingmittel bekannt |
Leider handelt es sich beim Headshaking jedoch, wie schon beschrieben, um eine noch relativ unerforschte Krankheit. Daher sind auch die Therapien nicht immer eine Lösung und müssen unbedingt individuell angepasst werden. Eine Prognose, was wann hilft, lässt sich entsprechend nicht stellen.
Weiterführende Links
www.st-georg.de/wissen/krankhaftes-kopfschuetteln-headshaking-bei-pferden/
www.pferdeklinik-tappendorf.de/mein-pferd-ist-headshaker/
www.tierspital.uzh.ch/…/0-Headshaking.html
www.pferde.de/magazin/headshaking-7-fakten-zum-kopfschuetteln-beim-pferd/
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