Pferde anweiden im Frühling – so geht’s richtig
Der Winter ist überstanden und die Sonne wärmt Herz und Seele von Pferd und Reiter – kein Wunder, denn bei diesem Wetter macht es einfach nur Spaß, draußen in der Natur zu sein (und die grünen Gräser zu naschen). Damit sich dein Liebling nicht gleich den Magen verdirbt, geben wir Tipps zum Pferde-Anweiden!
Inhaltsverzeichnis
Das A und O beim Pferde-Anweiden: immer mit der Ruhe
Fallen die ersten warmen Sonnenstrahlen auf die Wiese und erstrahlt das Gras in saftigem Grün, können es viele Pferde kaum erwarten. Allerdings ist zwingend Achtung geboten, wenn die Pferde nach einem Stallwinter wieder auf die Weide gebracht werden.
Hier gilt es immer einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Aus kurzen Weidezeiten werden immer längere, bis es wieder der ganze Tag sein darf. Diesen Prozess bezeichnet man auch als „Anweiden“ oder “Angrasen”. Die Pferde werden also ganz langsam wieder an das Saftfutter gewöhnt.
Eine heikle Sache für den Magen
Nur wenige Pferde stehen auch zur kalten Jahreszeit auf einer Winterweide. Stattdessen ist es meist Heu, Stroh und Mineralfutter, welches von Oktober bis März gefüttert wird. Frische Leckerlis in Form von Möhren und Äpfeln gehören natürlich auch dazu. Doch im Grunde hat sich der Pferdemagen dennoch darauf eingestellt, trockenes Raufutter zu verdauen. Dieses bringt erhebliche ernährungswissenschaftliche Unterschiede zum frischen Gras mit sich:
Heu | Gras |
Ist grundsätzlich trocken und hat einen niedrigeren Nährstoffgehalt im Vergleich zu frischem Gras. Es ist reich an Fasern, aber arm an Feuchtigkeit und schnell verdaulichen Kohlenhydraten. | Enthält viel Feuchtigkeit, mehr Zucker und ist insgesamt nährstoffreicher als Heu. Es wird schneller fermentiert. |
Das bedeutet: Frisches Gras von der Weide wird im Organismus von anderen Bakterien verarbeitet, welche im Winter quasi nicht existent sind. Der Magen kümmert sich ganz allein darum, diese wieder zu generieren, allerdings braucht er dafür Zeit. Und darum ist das Anweiden von Pferden so wichtig.
Folgen von zu schnellem Anweiden
Vielleicht siehst du das schöne Wetter und das frische Gras und denkst, dass du deinem Pferd etwas Gutes tust, wenn du es den ganzen Tag auf die Weide stellst. Auch wenn der Grundgedanke gut ist, wirst du so leider das Gegenteil bewirken.
Denn der Pferdemagen hat sich so an das Raufutter gewöhnt, dass die Bakterien der Verdauung nicht mit der abrupten Umstellung umgehen können. Sie können das Gras schlichtweg nicht in großen Mengen verdauen. Infolgedessen leiden die Pferde oft unter:
Risikogruppen
Einige Gruppen sind anfälliger für Probleme beim Angrasen. Ältere Pferde beispielsweise reagieren häufig empfindlicher auf Veränderungen in ihrer Diät, besonders wenn sie Zahnprobleme haben oder ihre Verdauung nicht mehr so effizient arbeitet. Jungtiere hingegen sind möglicherweise unerfahren im Umgang mit frischem Gras und überfressen sich leichter. Stoffwechsel-erkrankte Tiere (z. B. beim Equine Metabolische Syndrom (EMS) oder Hufrehe) sind anfälliger gegenüber Durchfall und Co., wenn sie zu viel Zucker übers Gras aufnehmen.
Pferde anweiden trotz Winterweide
Ein weit verbreiteter Irrglaube ist es übrigens auch, dass Pferde, die auf einer Winterweide oder im Offenstall standen, nicht angeweidet werden müssten. Doch auch sie hatten im Winter nur beschränkt oder gar keinen Zugriff auf frisches Gras und haben Heu oder ähnliches Raufutter bekommen.
Werden ihre Mägen mit den frisch ergrünten Gräsern einer Frühlings- und Sommerweide konfrontiert, rebellieren diese oftmals ähnlich. Achte also auch hier unbedingt darauf, die Weidezeiten zu Beginn etwas zu beschränken. Der Paddock kann eine gute Alternative sein, falls du dein Pferd nicht in die Box stellen willst.
Gut zu wissen: Auch wenn du innerhalb einer Saison die Weide wechseln willst, ist es sinnvoll, die Schritte des Pferde-Anweidens zu befolgen. Handelt es sich hier um eine sehr unterschiedliche Flora oder ist die vorherige Weide enorm abgegrast gewesen, kann es sein, dass sich der Magen ebenfalls erst langsam an das neue Futter gewöhnen muss.
Der richtige Zeitpunkt – wann Pferde anweiden?
Die meisten Pferdebesitzer beginnen das Anweiden zwischen März und Mai – abhängig davon, wie lang und stark der Winter war. Es gibt aber auch noch andere Faktoren, die einen Tag zum Angrasen begünstigen oder ihn eher ungünstig machen.
Besonders wichtig sind diese, wenn dein Pferd unter einem empfindlichen Magen leidet. Dann kann nämlich nicht nur das Anweiden an sich, sondern auch bei falschem Wetter am falschen Tag negative Folgen hervorrufen.
Pferde angrasen bei Sonnenschein – lieber nicht
Gerade sensible Pferdemägen kommen oft nicht mit zu viel Fruktanen im Gras zurecht. Diese bilden sich bei besonders sonnigem Wetter, wenn nicht alle Energie vom Gras aufgenommen werden kann. Auf Frost und Trockenheit reagiert das saftige Grün übrigens ebenfalls mit einem Einspeichern von Energie und damit der Bildung von Fruktanen.
Zudem sollte die Weide möglichst zuvor nicht gemäht worden sein. Denn auch in diesem Fall löst das Gras eine Art Schutzmechanismus aus, welcher Energie einschließt. Wenn du Pferde anweidest, die eine anfällige Verdauung haben, können Durchfall und Kotwasser die Folge sein.
Trüb und regnerisch – ja, bitte!
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass das Wetter weder zu sonnig, noch zu kalt sein darf. Am besten werden empfindliche Pferde darum an einem eher trüben, regnerischen, aber dennoch frühlingshaft warmen Tag zum ersten Mal auf die Weide gelassen.
Auch die Nacht eignet sich übrigens hervorragend, um die Pferde an die Weide zu gewöhnen. Im Dunkeln verbrauchen die Pflanzen nämlich all ihre Energie, die sie tagsüber gesammelt haben, da sie selbst keine Photosynthese mehr betreiben können.
Achtung! Ein einziger, warmer, regnerischer Tag reicht nicht aus, um die Tiere an die Weide zu gewöhnen. Schau dir also unbedingt den Wetterbericht für die nächste Zeit an, um herauszufinden, ob das Wetter auch so bleibt und ob jetzt ein geeigneter Zeitpunkt zum Pferde-Anweiden ist!
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Das Anweiden von Pferden: ein Zeitplan
Um Pferde richtig anweiden zu können, braucht es vor allem eins: Zeit. Der Prozess kann gut und gern einmal bis zu sechs Wochen dauern. Erst nach dieser Zeit können die Tiere wie gewohnt den ganzen Tag auf der Wiese verbringen.
Bevor es auf die Weide geht: Vorbereitungen
Bevor die Pferde die ersten Male auf die Weide gehen, sollten sie auf jeden Fall ordentlich gefressen haben. So werden die Tiere mit Heu und Stroh schon etwas gesättigt und überfressen sich nicht gleich am frischen Gras. Auch ist die Dünndarmflora so bereits angeregt und verarbeitet das frische Futter wesentlich besser.
Zusätzlich kannst du bestimmte Nahrungsergänzungsmittel in Betracht ziehen. Diese sollten gezielt die Verdauung und Gesundheit unterstützen, während du deine Pferde anweidest. Folgende Inhaltsstoffe eignen sich besonders gut:
- Probiotika enthalten lebende Mikroorganismen, welche die Darmflora stabilisieren und die Verdauung unterstützen. Sie können besonders nützlich sein, um das Gleichgewicht der Darmbakterien während der Übergangsphase zu erhalten.
- Präbiotika fördern das Wachstum geeigneter Bakterien im Darm. Sie sind oft in Kombination mit Probiotika erhältlich.
- Verdauungsenzyme tragen dazu bei, die Aufspaltung und Absorption von Nährstoffen zu verbessern, insbesondere bei Tieren, die älter sind oder Verdauungsstörungen haben.
- Pfefferminze ist bekannt für ihre beruhigende Wirkung auf den Magen.
- Kamille wirkt entzündungshemmend und krampflösend.
- Fenchel unterstützt die Darmgesundheit und kann helfen, Blähungen und Krämpfe zu reduzieren.
- Löwenzahn ist reich an Vitaminen und Mineralien, welche die Leber- und Nierenfunktion sowie die Verdauung fördern.
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Hast du dein Tier entsprechend gefüttert, such am besten eine Stelle, an der frisches, saftiges Gras sprießt. Die ersten Tage kannst du auch gern Halfter und Führstrick benutzen, um dein Pferd zu den richtigen Stellen zu führen. So wirst du auch kein Problem haben, es nach wenigen Minuten wieder weiterzuleiten.
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Woche 1: Babyschritte
Hast du einen geeigneten Zeitpunkt zum Anweiden gefunden, beginne am besten mit 5 bis 10 Minuten Weidezeit. Je nachdem wie empfindlich der Magen deines Pferdes ist, wird die Zeit kürzer oder länger gehalten.
Nach dem dritten oder vierten Tag kannst du die Zeit dann täglich um 5 bis 10 Minuten verlängern. So erreichen die meisten Pferde nach der ersten Woche eine Weidezeit von 45 bis 60 Minuten.
Woche 2 und 3: Zweigeteilter Aufenthalt
Hat sich dein Pferd an ca. eine Stunde Weidezeit pro Tag gewöhnt, beginne es mehrmals täglich auf die Weide zu lassen. So kann dein Tier etwa um den neunten Tag herum eine Stunde am Vormittag und eine Stunde am Abend auf die Weide. In der Zwischenzeit hat es nach wie vor ausreichend Zugriff auf trockenes Raufutter.
Steigere diese Zeit alle zwei bis drei Tage um etwa eine halbe Stunde je Weidegang. Am 22. Tag erreichst du in der Regel eine Weidezeit von 4 Stunden je Weidegang. Die Pause zwischen den Weidezeiten ist hier schon erheblich geschrumpft.
Woche 4: Wunschzeit erreichen
In der vierten Woche erweiterst du die Weidezeit dann erneut jeweils um eine halbe Stunde bis sich die Lücke zwischen den beiden Zeitfenstern schließt. Dein Pferd ist jetzt bereit, den ganzen Tag auf der Weide zu verbringen und du hast das Anweiden erfolgreich abgeschlossen.
Übrigens: Musst du das Anweiden für mehrere Tage unterbrechen, solltest du unbedingt wieder von vorn beginnen. Die Bakterien bilden sich nämlich nur, wenn auch wirklich täglich frisches Gras gefüttert wird.
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Pferde anweiden: Überwachung und Umgang mit Problemen
Während des Pferde-Anweidens ist es entscheidend, dass du die Gesundheit genau im Auge behältst und bereit bist, den Plan bei Bedarf anzupassen. Hier sind einige wichtige Punkte, die du beachten solltest:
- Untersuche dein Pferd sorgfältig auf Anzeichen von Unwohlsein, Durchfall, Kotwasser oder Verhaltensänderungen. Reduziere in einem solchen Fall die Weidezeit wieder.
- Achte besonders auf Anzeichen von Koliken (z. B. Hinlegen und Wälzen) sowie Hufrehe (z. B. Entlastung der Vorderbeine, warme Hufe und Lahmen). Sollten solche auftreten, halte Rücksprache mit deinem Tierarzt und geh das Anweiden langsamer an.
- Für Pferde, die besonders anfällig für Verdauungsprobleme sind, kannst du Fressbremsen verwenden.
Das Pferde-Anweiden ist ein Prozess, der Geduld und Aufmerksamkeit erfordert. Befolgst du aber unsere Tipps, kannst du sicherstellen, dass der Übergang in den Frühling für dein Tier so reibungslos wie möglich verläuft.
Weiterführende Links
www.360gradpferd.de/pferde-richtig-anweiden/
www.pettipps.com/…/anweiden.html
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