Pferd zu dünn oder Rassetyp?
Pferd zu dünn oder Rassetyp?

Ist mein Pferd zu dünn – Warum?

Die Rippen zeichnen sich ab – ist mein Pferd zu dünn? Oft ist es schwierig festzustellen ob ein Pferd an Untergewicht leidet. Gerade bei schwerfüttrigen, alten oder chronisch kranken Pferden sollte aber sehr genau auf das Gewicht geachtet werden. Denn sind diese Pferd erst einmal zu dünn, ist es oft schwierig sie wieder aufzufüttern.

Während man bei Pferden, die zu Übergewicht neigen, sehr deutlich und auch schnell sieht, wann es zu viel ist, lässt sich ein „zu dünn“ oft nur schwer von einem „noch sportlich“ unterscheiden. Ist das Pferd erst einmal zu mager, kann es recht lange dauern, es wieder „aufzufüttern“. Dies gilt besonders für ältere oder chronisch kranke Pferde.

Deshalb sollte es am besten erst gar nicht so weit kommen. Um ein Untergewicht bei Ihrem Pferd zu vermeiden, sollten sie mögliche Ursachen erkennen und eindämmen können:

Vergleich mageres und gut genährtes Pferd

Vergleich mageres und gut genährtes Pferd

Wie erkenne ich, ob mein Pferd zu dünn ist?

Als Pferdehalter, Reit- oder Pflegebeteiligung kennen Sie Ihr Pferd bestimmt am besten. Sie sehen es jeden Tag, putzen es, streicheln es und merken schnell, wenn es sich anders anfühlt oder der Sattelgurt auf einmal enger gezogen werden muss.

Um uns „Laien“ etwas an die Hand zu geben, woran wir feststellen können, wie es um das Gewicht unserer Pferde steht, hat die Leiterin des Lehrstuhls für Tierernährung und Diätetik der tiermedizinischen Fakultät in München, Prof. Dr. Ellen Kienzle, zusammen mit der Tierärztin Dr. Stephanie Schramme die sogenannte „BCS-Skala“ entwickelt. „BCS“ steht für „Body Condition Score“. Damit können Sie alleine am Aussehen Ihres Pferdes dessen Gewichtszustand sehr gut beurteilen. Sechs Körperstellen werden dabei bezüglich der Bemuskelung und der vorhandenen Fettdepots unter die Lupe genommen:

  1. Menge an Kammfett, Halsmuskulatur
  2. Fettpolster am Widerrist
  3. Wulstbildung im Lendenbereich
  4. Fettpolster am Schweifansatz
  5. Fühlbarkeit der Rippen
  6. Fettpolster hinter der Schulter

Damit können sie in eine Skala von eins bis neun eingruppiert werden, wobei eins für extrem dünn, fünf für ideal und neun für adipös steht. Selbstverständlich müssen dabei auf jeden Fall Rasseunterschiede beachtet werden. Vollblüter oder Araber dürfen immer etwas schlanker sein. Fjordpferde, Haflinger oder Shettland Ponys dagegen sind ja von Natur aus schon rundlicher.

Ideal für einen ausgewachsenen, sportlichen Warmblüter ist ein BCS von sechs. Abhängig von der Sportart gibt es aber auch hier Abweichungen. Renn- oder Distanzpferde werden immer dünner sein. Auch bei Remonten oder Fohlen kann der BCS auch gerne mal zwischen Stufe vier und fünf schwanken. Aber auch das ist in Ordnung, da ihnen schlichtweg noch die Muskeln fehlen.

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Body Condition Score Tabelle

BCS-SkalaBeschreibung der BCS-Gruppe
AusgehungertAbgemagert. Vorstehende Dornfortsätze, Rippen, Schweifansatz, Hüfthöcker und Sitzbeinhöcker. Knochenstrukturen an Widerrist, Schultern und Hals erkennbar. Kein Fettgewebe fühlbar.
Sehr dünnAbgemagert. Dünne Fettschicht bedeckt Basis der Dornfortsätze. Querfortsätze der Lendenwirbel fühlen sich abgerundet an. Dornfortsätze, Rippen, Schweifansatz und Hüft- und Sitzbeinhöcker vorstehend. An Widerrist, Schultern und Hals sind Knochenstrukturen schwach erkennbar.
DünnFettschicht reicht über die halbe Höhe der Dornfortsätze, Querfortsätze sind nicht fühlbar. Dünne Fettschicht über den Rippen. Dornfortsätze und Rippen gut zu sehen. Schweifansatz vorstehend, aber optisch können keine einzelnen Wirbel abgegrenzt werden. Die Hüfthöcker erscheinen abgerundet, aber leicht erkennbar. Sitzbeinhöcker nicht abzugrenzen. Widerrist, Schultern und Hals markiert.
Mäßig dünn
Kontur des Rückgrats noch leicht erkennbar, Kontur der Rippen leicht durchscheinend. Schweifansatz je nach Körperbau vorstehend, in der Umgebung ist
Fettgewebe fühlbar. Hüfthöcker nicht klar erkennbar. Widerrist, Schultern und Hals nicht offensichtlich
dünn.

Normal Rücken ist eben. Rippen können optisch nicht unterschieden werden, sind aber gut zu fühlen. Fett um Schweifansatz beginnt sich leicht schwammig anzufühlen. Dornfortsätze am Widerrist erscheinen abgerundet. Schultern und Hals gehen fließend in den Rumpf über.

Mäßig dickLeichte Rinne entlang des Rückens möglich. Fett über den Rippen fühlt sich schwammig an. Fett um den Schweifansatz fühlt sich weich an. Seitlich an Widerrist und Hals sowie hinter den Schultern beginnt Fettansatz.
DickRinne am Rücken möglich. Einzelne Rippen fühlbar, aber Interkostalräume füllen sich fühlbar mit Fett. Fett um Schweifansatz ist weich. Sichtbare Fettdepots am Widerrist, hinter den Schultern und am Hals.

FettRinne am Rücken. Rippen sind schwierig zu fühlen. Fett um Schweifansatz sehr weich. Gebiet um den Widerrist und hinter der Schulter mit Fett ausge-
füllt. Deutliche Verfettung am Hals. Fettansatz an Innenseite der Hinterbacken.
Extrem fett

Deutliche Rinne am Rücken. Fettwülste über den Rippen, um den Schweifansatz, entlang des Widerristes, hinter den Schultern und entlang des Halses. Fettpolster an der Innenseite der Hinterbacken reiben möglicherweise aneinander. Flanken fließend ausgefüllt.

Kurz zusammengefasst

Stehen die Dornfortsätze der Wirbelsäule spitz hervor, kann man komplette Rippen sehen, existiert bereits eine sogenannte „Hungergrube“ vor den Hüfthöckern, sind aus der schönen, runden Kruppe nur spitze Knochen geworden oder können sie unter dem Schweif eine Lücke zwischen den Oberschenkeln sehen, ist Ihr Pferd auf jeden Fall zu dünn.

Wenn Sie sich trotz „BCS-Skala“ nicht sicher sind, ob Ihr Pferd im Normalbereich liegt, helfen Ihnen auch Betreiber von professionellen, mobile Pferdewaagen oder Ihr behandelnder Tierarzt weiter.

Viel zu mageres und vollkommen vernachlässigtes Pferd

Viel zu mageres und vollkommen vernachlässigtes Pferd

Frisst das Pferd zu wenig? Was wirklich hinter dem Untergewicht steckt

Mögliche Ursachen für ein untergewichtiges Pferd gibt es einige. Es kann natürlich an einer den Bedürfnissen des Pferdes nicht angepasste Fütterung liegen, dass es immer weiter an Gewicht verliert. Die Ration sollte unbedingt abhängig vom Alter des Pferdes, dessen Gewicht, seinem Einsatzgebiet und möglichen Unverträglichkeiten gestaltet werden. Wenn das Pferd trotz individuellen, optimalen Futterplans an Substanz verliert, sollten Sie genauer hinsehen:

Steht dem Pferd qualitativ hochwertiges Futter zur Verfügung?

Im Pferdefutter können sich – beispielsweise aufgrund nicht sachgemäßer Lagerung – für Pferde schädliche Mikroorganismen ansiedeln. Dazu zählen unter anderem Bakterien, Hefen, Schimmelpilze oder Milben. Diese können Verdauungsstörungen, Durchfälle oder Magenprobleme verursachen, die wiederum zu einem Gewichtsverlust der Pferde führen können.

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Hat das Pferd Probleme im Herdenverband?

Obwohl Herdenhaltung als die artgerechteste Pferdehaltung gilt, kann es hier auch zu Stresssituationen kommen, die den Pferden an die sprichwörtliche Substanz gehen: Zu große Herden, ein zu geringes Platzangebot, keine Rückzugsmöglichkeiten für Schwächere, Rangeleien an der Futterstelle – all das kann entweder dazu führen, dass die Pferde abmagern oder von vorne herein nicht ausreichend Zugang zum Futter bekommen.

Frisst das Pferd wegen der Zähne schlecht?

Hat das Pferd beim Kauen Schwierigkeiten, wird die Nahrung im Maul nicht ausreichend zerkleinert und kann damit im Verdauungstrakt nicht optimal verwertet werden. In vielen Fällen ist „nur“ eine Zahnbehandlung nötig und schon nimmt das Pferd wieder zu. Fehlen dem Pferd zu viele Zähne, muss die Futterration unbedingt dahingehend angepasst werden.

Leidet das Pferd an einer Stoffwechselerkrankung?

Liegt der Verdacht nahe, dass das zu dünne Pferd eventuell an einer Stoffwechselerkrankung wie dem Equinen Cushing Syndrom, Borreliose oder einer Schilddrüsenstörrung erkrankt ist, sollte unbedingt der Tierarzt zu Rate gezogen werden. Mit Hilfe eines Gesundheitschecks, einem Blutbild und / oder einer Kotuntersuchung kann schnell Klarheit geschaffen werden.

Hat das Pferd andere Erkrankungen?

Können andere, Untergewicht begünstigende Erkrankungen wie Leber- und Nierenprobleme, Infektionen (Fieber), Magengeschwüre, Darmerkrankungen oder Tumore ausgeschlossen werden?
Auch das sollte unbedingt zusammen mit einem Tierarzt abgeklärt und bestenfalls ausgeschlossen werden.

Kann ein Parasitenbefall beim Pferd ausgeschlossen werden?

Zerstörung der Schleimhäute, Durchfälle, Koliken und Appetitlosigkeit sind nur einige mögliche Folgen eines Parasitenbefalls bei Pferden. All diese können zu einem gravierenden Gewichtsverlust führen.

Oder leidet das Pferd schlichtweg unter Stress?

Ein Stallwechsel, ein neuer Boxennachbar, Deckeinsatz, Transporte, Turnierstarts oder intensive Trainingspläne können mögliche Stressauslöser für Pferde bedeuten: In derartigen Situationen bilden die Pferde im Übermaß die Hormone Adrenalin und Noradrenalin. Diese lassen den Blutzuckerspiegel ansteigen, was wiederum die Herzfrequenz erhöht, die Bronchien erweitert und Energiereserven freisetzt. Die Folge: Das Pferd nimmt trotz gewohnter Nahrungsaufnahme stark ab.

Fazit

Erst, wenn die wahre Ursache gefunden ist, kann dem Untergewicht entgegengewirkt werden. Dies sollte dann aber auch schnellstmöglich geschehen, denn zu dünne Pferde verlieren trotz Training rasch an Muskelmasse und können dann von nichts mehr zehren. Weitere Folgen eines Gewichtsverlustes können brüchige Hufe, stumpfes Fell, Muskelabbau und ein starker Leistungsabfall sein. Auch diese sollten nicht über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben.

Im zweiten Teil unseres Blogbeitrags erfahren Sie, wie Sie Ihr zu dünnes Pferd am sinnvollsten an- und auffüttern. Wieviel Raufutter ist sinnvoll? Wieviel Kraftfutter sollte das Pferd fressen? Worin sind die wichtigsten Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten? Wie kommt das Pferd schnell wieder zu Energie? Wie sieht es mit Bewegung aus? All das haben wir für Sie in „Wenn Pferde immer dünner werden, Teil II: Was tun?“ zusammengefasst.

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