Wird der Pferdeführerschein jetzt zur Pflicht?

Der Pferdeführerschein: Wird er zur Pflicht und was umfasst er?

Anfang 2020 wurden zwei neue Pferdeführerscheine zum Thema Umgang und Reiten eingeführt. Bei den umfangreichen Testverfahren werden vom Reiter zahlreiche Grundkenntnisse rund um die Versorgung, Haltung und das Tierwohl abgefragt. Doch was bringt eine solche Ausbildung? Ist der Pferdeführerschein verpflichtend und wenn ja, für wen? Und was umfasst er eigentlich? Diesen und weiteren Fragen wollen wir uns in diesem Beitrag widmen.

Grundwissen zum Pferdeführerschein: Was ist das?

Schon seit vielen Jahren beschäftigt sich die APO (Ausbildungs- und Prüfungsordnung der FN) mit der artgerechten Pferdehaltung. Doch so wie sich unsere Gesellschaft wandelt, so müssen auch die Regelungen immer wieder angepasst werden – schließlich lernen selbst die Erfahrensten von uns immer wieder dazu. Zum 1. Januar 2020 war es darum Zeit für eine Neuerung und diese beinhaltete unter anderem die Einführung des Pferdeführerscheins.

Zwei Führerscheine für Reiter, Besitzer und Pferdeliebhaber

Im Grunde werden momentan zwei Pferdeführerscheine unterschieden: Einer zum Umgang und einer zum Reiten. Was die beiden im Detail beinhalten, werden wir im Folgenden noch genauer betrachten. Hier soll es erst einmal um eine grobe Einordnung gehen, die Ihnen auch bei der Entscheidung helfen soll, ob der Erwerb für Sie sinnvoll ist.

Zu Beginn sei gesagt, dass keines der beiden Abzeichen verpflichtend ist, beide können freiwillig erworben werden. Der Pferdeführerschein Umgang ist dabei ein Angebot für alle Pferdefreunde – das schließt nicht nur Reiter und Besitzer ein, sondern auch Eltern und Freunde, die gelegentlich mit den Tieren in Kontakt kommen. Er soll ein grundsätzliches Verständnis für das Pferd belegen und damit für mehr Sicherheit im Umgang sorgen.

Der Pferdeführerschein Reiten ist ein Kompetenznachweis für das sichere Reiten. Dabei geht es darum, sowohl auf dem Platz und in der Halle, als auch im Gelände sicher unterwegs zu sein. Auch diese Qualifikation soll für mehr Sicherheit im Sattel sorgen und so langfristig Unfällen vorbeugen.

Hier wird für den Pferdeführerschein Reiten trainiert. Der sichere Sitz im Sattel.

Für das sichere Reiten ist der Pferdeführerschein ein Kompetenznachweis. Reiterin wird auf ihrem Pferd longiert.

Einordnung in die bisherigen Abzeichen

Haben Sie schon vor 2020 ein Abzeichen im Bezug auf Pferde abgelegt? Dann sollte diese Einordnung Ihnen helfen, um herauszufinden, wie der Pferdeführerschein dazu im Verhältnis steht. Aber zunächst sei gesagt: Keine Sorge, die bisher erworbenen Kompetenznachweise sind nach wie vor gültig, die erneuerten Regelungen gelten nur für den Neuerwerb.

Im Grunde ersetzt der Pferdeführerschein Umgang den bisherigen Basispass. Der Pferdeführerschein Reiten hingegen ist der Ersatz für den Reitpass. Sie sind auch in etwa vergleichbar, jedoch wurden in die neuen Abzeichen zusätzliche Übungen und Prüfungen, vor allem im Bezug auf das Verhalten im Straßenverkehr, aufgenommen. Um die Führerscheine nun genau einordnen zu können, wollen wir uns einmal die Reitabzeichenleiter anschauen:

  1. Die kleinen Motivationsabzeichen (früher das kleine und große Hufeisen): Grundkenntnisse eines Reiters, v.a. für Reiteinsteiger gedacht
  2. Der Pferdeführerschein Umgang (bisher Basispass): Grundqualifikation zum Umgang mit dem Pferd, richtet sich an alle Pferdeliebhaber
  3. Der Pferdeführerschein Reiten (bisher Reitpass): Erweiterte Qualifikationen im Reiten und sicherer Umgang mit dem Pferd, hauptsächlich für fortgeschrittene Reiter

Zudem gibt es weitere Abzeichen, die Sie erwerben können und mit denen Sie verschiedene, spezialisierte Qualifikationen nachweisen können. Dazu zählt zum Beispiel das Longierabzeichen sowie Nachweise zum Fahren, Voltigieren und Westernreiten. Erweitert wird das Ganze noch um Trainerscheine, die ebenfalls zwischen Basis- und Leistungssport differenziert werden.

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Der Pferdeführerschein Umgang: Die Basis für Pferdeliebhaber

Betrachten wir nun also einmal die beiden Pferdeführerscheine genauer, beginnend mit der Grundqualifikation des Umgangs. Er richtet sich an all jene, die in den Kontakt mit Pferden kommen, und zeigt, dass Sie über gewisse Kernkompetenzen verfügen. Dabei geht es zum einen um Ihr Verhalten im Umgang mit dem Pferd, zum anderen aber auch um die Haltung, die Fütterung und die Gesundheit.

Um zu verstehen, was das nun konkret bedeutet und was der Führerschein im Detail umfasst, wollen wir uns einmal die Prüfungsordnung näher ansehen. Sie besteht im Grunde aus vier verschiedenen Stationen, die innerhalb eines Tages zu absolvieren sind. Jede dieser Stationen befasst sich mit einer spezifischen Thematik und verlangt vom Prüfling unterschiedlichste Kenntnisse. Konkret heißt das:

Station 1: Erster Kontakt und Pferdepflege- Ort: Stallgasse oder Putzplatz
- Korrektes Holen, Führen und Anbinden des Pferdes
- Putzen des Tieres (inkl. zur Seite weichen lassen)
- Ausrüsten (Aufzäumen, Anlegen von Beinschutz)
- Erklärung der Schritte, Griffe und Gegenstände
Station 2: Pferdeverhalten und artgerechter Umgang mit dem Pferd- Theorieteil
- Grundkenntnisse Pferd (Rassen, Farben, Abzeichen, Anatomie, Equidenpass)
- Typisches Pferdeverhalten (Herdenzusammenhalt, Fluchttier, Steppentier)
- Verhaltensgerechter Umgang (Unfallvorbeugung, Sicherheit im Straßenverkehr)
- Haltung (Haltungsformen und -anforderungen, Stallhygiene und -einrichtung, freie Bewegung, Tierschutzgesetz, ethischer Umgang)
- Fütterung (Arten, Technik, Bedarf)
- Gesundheit (Vorsorge, Erste Hilfe, typische Krankheiten)

Station 3: Praktischer Umgang mit dem Pferd- Führen des Pferdes vom Boden auf dem Platz oder in der Halle im Fokus
- 1. Teil: Dreiecksvorführung
- 2. Teil (Wahlpflichtbereich): Bodenarbeit-Parcours (inkl. Gangmaßwechsel, Slalom, Trab, Rückwärtsrichten, geradeaus führen) ODER Vormustern
- Augenmerk auf sicheres Führen sowie Unfallvermeidung
Station 4: Alltagssituationen aus dem öffentlichen Raum- Pferd auf die Weide bringen, entlassen sowie wieder abholen
- Transport vorbereiten inkl. Verladen und Ausladen (Prüfling kann auch nur Anweisungen geben)
- Führen gemäß der StVO (Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer, Umgang mit unbekannten Gegenständen)
- Sicherer Umgang mit dem Pferd (entsprechende Zäumung, vorausschauendes Handeln, Eingehen auf das Pferd)

Um diese Prüfung erfolgreich zu meistern, müssen Sie natürlich entsprechendes Zubehör zur Hand haben. Das bedeutet für Sie einmal die passende Ausrüstung (v.a. festes Schuhwerk, ggf. eine Reitkappe und Handschuhe). Putzzeug für die tägliche Reinigung. Zudem benötigen Sie Trense, Halfter und Führstrick (ggf. auch eine Longe) und sollten einen Transporter bereitstehen haben.

Jeder der Umgang mit Pferden hat, kann den Führerschein Umgang erwerben.

Werden Jungpferde zu früh angeritten, kann es zu Hofrollenentzündungen kommen.

Der Pferdeführerschein Reiten: Sicherheit auf dem Pferderücken

Nachdem Sie die Grundkenntnisse vom Boden aus erworben haben, ist für viele der nächste Schritt das Reiten. Auch hierfür gibt es den entsprechenden Pferdeführerschein. Teilweise überschneiden sich hier auch die Themengebiete, da zum Beispiel der ethische Umgang mit dem Tier sowohl vom Boden, als auch vom Rücken durchaus relevant ist. Jedoch liegt der Fokus bei diesem Abzeichen deutlich auf der Arbeit beim Reiten.

Während es beim Pferdeführerschein Umgang keine Altersbeschränkung gibt, sollte ein jeder Teilnehmer für den Reitpass mindestens 10 Jahre alt sein. Erste Erfahrungen im Reiten sowie der Besitz des obigen Führerscheins sind zudem Voraussetzung. Bestehen diese, sollte die ebenfalls vierteilige Prüfung keine Probleme darstellen:

Station 1: Pferdepflege und Vorbereitung zum Reiten- Pflegen und putzen vor dem Reiten (inkl. Benennung der Ausrüstungsgegenstände)
- Satteln und trensen
Station 2: Reiten auf dem Reitplatz und/oder in der Halle- Sicherer Sitz auf dem Pferd
- Zeigen aller Grundgangarten vom Sattel aus (solo und in der Abteilung)
- Positionswechsel
- Bahnregeln einhalten sowie Handzeichen geben (Vorbereitung für den Geländeritt)
- Hilfen sicher einsetzen
Station 3: Reiten im Außenbereich- Fokus auf das Verhalten im öffentlichen Raum
- Bewältigen verschiedener Geländeverhältnisse (Wasser, Schlamm, Schnee, bergauf und -ab)
- Zeigen der Grundgangarten
- Reaktion auf andere Verkehrsteilnehmer
Station 4: Pferdegesundheit, Tierwohl und Grundkenntnisse der Reitlehre- Theorieteil
- Tierschutzgesetz, ethische Grundsätze, Umweltschutz
- Verkehrsregeln
- Pferdegesundheit (erste Hilfe für Reiter und Pferd)
- Auswertung sowie Reflexion des praktischen Teils

Für diese Prüfung sollten Sie also unbedingt die notwendigen Kenntnisse mitbringen. Sie sollten alle drei Gangarten sicher und auf Kommando ausführen können. Zudem benötigen Sie auch hierzu die passende Ausrüstung: Reithelm ist Pflicht. Reithose, Chaps und Stiefel sowie weitere Schutzausrüstung (z.B. Westen) können nach Bedarf getragen werden.

Sicheres Geländereiten gehört auch zum Pferdeführerschein Reiten.

Das Reiten im Gelände ist ein Teil um den Führerschein Reiten erwerben zu können.

Die Voraussetzungen, Kosten und mehr Wissenswertes

Um einen Pferdeführerschein zu erwerben, müssen Sie zunächst einen Lehrgang zu dem jeweiligen Thema abschließen. Dieser ist genormt und besteht aus 30 Lehreinheiten, welche in der Regel von verschiedenen Pferdebetrieben und Pferdesportvereinen ausgerichtet werden. Es handelt sich hierbei um eine Mischung aus Theorie- und Praxisstunden. Anschließend müssen Sie die oben beschriebene Prüfung ablegen.

Die Kosten für Lehrgang und Prüfung variieren dabei stark und sind nicht festgelegt. Entscheidend sind hier die logistischen Aufwände (müssen Sie beispielsweise erst mitsamt den Pferden anreisen?), die Honorare und die Nutzung der Pferde. Hinzu kommt die Lizenz- und Prüfungsgebühr. In der Regel bewegt sich der Preis zwischen 100 und 200 €.

Zudem werden aber auch verschiedene vorherige Abzeichen anerkannt und mit den Führerscheinen gleichwertig behandelt. Sie können die entsprechende Umschreibung bzw. das Ausstellen des Qualifikationsbescheides bei Ihrem Landessportverband beantragen. Ob das auf Sie zutrifft, können Sie der folgenden Übersicht entnehmen:

  • Pferdeführerschein Umgang: Basispass Pferdekunde, Fahr- sowie Reitabzeichen der Stufe 6 und 7, Westernreitabzeichen 9 und 10
  • Pferdeführerschein Reiten: Reitpass, Reitabzeichen 5 und höher, Westernreitabzeichen 6 und 8

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Quellen
https://www.st-georg.de/news/mehr-sport/apo-2020-jetzt-kommt-der-pferdefuehrerschein/
https://www.pferd-aktuell.de/ausbildung/fuehrerscheine-im-pferdesport/fragen-und-antworten-zum-pferdefuehrerschein
https://www.pferd-aktuell.de/ausbildung/fuehrerscheine-im-pferdesport/pferdefuehrerschein-umgang
https://www.pferd-aktuell.de/ausbildung/fuehrerscheine-im-pferdesport/pferdefuehrerschein-reiten

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